vor. Zu ihr gehцrten besonders qualifizierte Spezialisten und Technokraten aus Ministerien, aus dem Staats- und Wirtschaftsapparat, den groЯen Betriebe, den Hochschulen und wissenschaftlichen Institutionen. Die Pragmatiker bemьhten sich namentlich um eine umfassende Wirtschaftsreform, um den Rьckgang der Wirtschaftsleistung aufzuhalten, die drohenden sozialen Schwierigkeiten zu mildern und einen Anstieg der Produktion in Gang zu setzen, der eine Erhцhung des Lebensniveaus bringen sollte und die erneute Stabilisierung der Macht. (Proks 1993 : 53) Angesichts der „ideologischen Ьberempfindlichkeit" des politischen Establishments muЯten sie sehr vorsichtig vorgehen. Diese Gruppierung konnte seine erheblichen intellektuellen Potenzen nicht voll zur Geltung bringen. Unter allen Richtungen hatte sie den geringsten EinfluЯ.
Die zweite Strцmung waren die Normalisierungsbьrokraten, die durch den Prдsidenten der CSSR (bis 1987 Generalsekretдr der ZK der KSC) Dr. Gustav Husak reprдsentiert wurden. Diese Richtung setzte sich vor allem aus Funktionдren des Parteiapparats aus allen Leitungsebenen, die nach Beginn der „Normalisierung", also nach der Niederschlagung der Reformbewegung 1968, in ihre Positionen gekommen waren. Der hцchste Wert war fьr sie eine Sicherung des Status quo und die Abwehr aller Bedrohungen. Ihr Manifest war der BeschluЯ des Zentralkomitees aus dem Jahre 1970 „Lehren aus der Krisenentwicklung". Immer dann, wenn aus einer Richtung Gefahr fьr ihre errungenen Positionen drohte, neigten sie sich in die andere Richtung, um der Gegenposition das Ьbergewicht zu garantieren. Ihre Kraft lag darin, daЯ sie die Organisationsstruktur der Partei beherrschten und innerhalb der Entscheidungsorgane der Partei die Mehrheit stellten. (Proks 1993 : 53 ff.)
Als dritte Strцmung kann man die Konservativen, die durch Vasil Bilak gefьhrt wurden, identifizieren. Ihr Kern wurden durch die kommunistischen Dogmatiker unter den Parteifunktionдren im hцheren Alter gebildet. Diese Generation war bereits in den 50er Jahren, in der hohen Zeit des Stalinismus, aktiv gewesen und wollte der Partei bis ans Ende ihrer Tage dienen. Ungeachtet ihres Lebensalters verfьgten sie im Jahr 1989 noch ьber groЯen EinfluЯ. Und diese Macht nutzten sie dazu, um jede Abweichung vom kanonisierten sowjetischen, genauer gesagt: stalinistischen, Konzept der Macht zu verurteilen. Ihre Drohrufe lauteten „Revisionismus", Verletzung der „Leninschen Grundsдtze" und „Gefдhrdung des Sozialismus" oder noch direkter „Konterrevolution". Sie hatten groЯen EinfluЯ auf die Massenmedien, die Institutionen der Kultur, das Bildungs- und Erziehungssystem.
Soweit diese generelle Gliederung der Nomenklatura in drei Strцmungen. Darьber hinaus reifte auch in der Tschechoslowakei, sowohl in den Leitungsfunktionen des Staates als auch denen der Partei, ein Generationswechsel heran. Oft strebten dabei die Nachkommen der Normalisierungs-Tдter nach den interessanten Arbeitsplдtzen in den verschiedenen Leitungsbereichen. Diese junge Generation war weit mehr pragmatisch orientiert als ihre Vдter. Sie waren ebenfalls Mitglieder der Partei, aber sie verstanden diese Mitgliedschaft nur als Mittel der Karrierebefцrderung. Wдhrend der „Normalisierung" waren sie von einem Startplatz innerhalb des Sozialistischen Jugendverbandes hдufig schnell die Karriereleiter emporgestiegen.
Die Angehцrigen dieser Strцmung der Nomenklatura, man kann sie als „Verbandsmitglied-Richtung" bezeichnen, waren besser gebildet und - was ebenfalls wichtig ist - lernten manchmal die westliche Welt kennen. Sie beabsichtigten gar nicht, sich mit untergeordneten Posten zufrieden zu geben. Zu Reprдsentanten dieser Gruppe wurden z. B. der neue erste Sekretдr des Stadtkomittees der KSC in Prag, Miroslav Stepan, der Vorsitzende des ZK des Sozialistischen Jugendverbandes, Miroslav Dockal, aber auch Vasil Mohorita (der nach dem November 1989 bis 1991 einer der wichtigsten Personen der KSC werden sollte).
Die Gesellschaftswissenschaften und die Macht
Als in den 50er Jahren ein Reformbedarf in den staatssozialistischen Gesellschaften sichtbar wurde, versuchten die kommunistischen Fьhrungen sich neu zu orientieren und einen Ausweg zu finden. Einer gewissen Wissenschaftsglдubigkeit folgend wurde der Grьndung spezieller Forschungsinstitutionen grцЯte Bedeutung beigemessen. Unter diesen Bedingungen entstanden unter Umstдnden „relativ" gьnstige Bedingungen fьr die Formierung fдhiger Forscherkollektive und von Individuen. Allerdings blieb die Existenz dieser Institutionen immer von den Entscheidungen der Macht abhдngig. Es handelte sich nicht um unabhдngige wissenschaftliche Einrichtungen. Solche Institute und Gruppen gab es in allen Lдndern. Diese Wissenschaftlich-politische Einrichtungen konnten in gewissen Moment sehr wichtige Rolle in der Anfangsphase der Transformation von autoritдren Staat zur Demokratie abspielen. So in der UdSSR das als besonders produktiv bekannte und Institut das schon in den 30er und 40er Jahren existierende Institut fьr Weltwirtschaft und Weltpolitik in Moskau, dessen Direktor lange Jahre bis zu seiner Entlassung wegen „Kosmopolitismus" der bekannte Jenц Varga war (vgl. Duda 1994). In Polen handelte es sich beispielsweise um eine groЯe Gruppe von Reformцkonomen mit Wlodzimierz Brus und Kazimierz Laski, beide Schьler von Oskar Lange. (Brus, W./Laski, K. 1992) In Polen spielte auЯerdem die Soziologie eine groЯe Rolle. Sie konnte sich gegen alle dogmatischen, aus der Sowjetunion kommenden, Bemьhungen durchsetzen, sie als „bьrgerliche Wissenschaft" zu unterdrьcken. In der DDR kam es Anfang der 60er Jahre zur Bildung einer Gruppe von Цkonomen, die das Konzept der „Neuen Цkonomischen Politik" vorbereiteten.
Auch in der Tschechoslowakei formierten sich im Laufe der 60er Jahre, natьrlich unter der Kontrolle der KSC, qualifizierte Forschergruppen mit unabhдngig denkenden Persцnlichkeiten.